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01.11.2017

Vom Eifel-Ei und Mosel-Wild


Dieser Text ist vom 01.11.2017 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Regionalmarken positionieren sich gegen den Trend zur Globalisierung

In Zeiten zunehmender Globalisierung wird die Besinnung auf Regionalität immer wichtiger. Als Netzwerke haben sich in der Region Trier die Regionalmarken Eifel und Mosel sowie Ebbes von Hei! hervorgetan. Ihr Anliegen: Vom Produzenten bis zum Endverbraucher – Die Wertschöpfung soll weitestgehend in der Region bleiben.

Der Honig aus Argentinien, das Gemüse aus den Niederlanden und das Stück Fleisch aus einer Tier-Farm in Neuseeland. Die Stärken der Globalisierung einerseits, besinnen sich nun viele Produzenten, Händler und Gastronomen wieder auf das Regionale. Sogenannte Dachmarken wie die Regionalmarken Eifel und Mosel oder Ebbes von Hei! für den Hunsrück bündeln die Einzelinteressen und geben ihnen ein gemeinsames Gesicht. Einige gute Ansätze gibt es bereits, hier und da zwickt aber immer noch der Schuh. Besonders die Wertschätzung seitens der Kunden für regionale Produkte müsse weiter steigen. Da sind sich alle einig. Wir haben mit verschiedenen Akteuren der Dachmarken gesprochen und sie gefragt, wie es in unserer Region um das Regionale bestellt ist.

Die Dachmarke – Regionalmarke Eifel
Markus Pfeifer ist seit Ende 2005 Geschäftsführer der Regionalmarke Eifel. Hatte die Regionalmarke anfangs noch selbstständig Produkte vertrieben, stellt sie heute vor allem Qualitäts- und Marketingkonzepte bereit. Getreu dem Motto „Gemeinsam mehr erreichen“ verfolgt die Marke Eifel das Ziel, die qualitätsorientierten klein- und mittelständischen Strukturen in der ländlich geprägten Mittelgebirgsregion zu stärken und damit auch den Erhalt und die Weiterentwicklung der Region Eifel zu ermöglichen.

Das Prinzip ist einfach: Um ein „Eifel-Produkt“ werden zu können, muss ein Gut komplett in der Region erwirtschaftet werden. Für das Steak im der Fleischtheke bedeutet das beispielsweise: Das Tier muss in der Region gelebt haben, erlegt und auch geschlachtet worden sein. Das bestätigt am Ende ein Zertifikat. Experten sprechen dann von einer Wertschöpfungskette. Ein Begriff, der Marcus Pfeifer nicht weit genug geht. Man müsse die Eifel eher als Wertschöpfungsraum betrachten. „Wertschöpfungsketten betrachten immer nur die Produzentenseite“, sagt er. Ein Wertschöpfungsraum schließe hingegen auch den Verbraucher mit ein. Und das sei dringend notwendig. Denn: „Wir leiden an der Erwartungshaltung der Verbraucher“, sagt Pfeifer. Viele seien zu sehr verwöhnt von der Industrie. Die meisten Lebensmittel stehen dadurch günstiger und das ganze Jahr über zur Verfügung. „Die Region hat davon am Ende aber nicht viel.“

Das Bewusstsein für regionale Produkte habe sich laut Pfeifer in den vergangenen Jahren zwar etwas verbessert: „Aber wir sprechen immer noch von einem Nischenprodukt“, merkt er an und zieht einen Vergleich zu Italien. Bei einer Pizzeria stehe der Fiat vor der Tür und der Chianti samt San Pellegrino auf dem Tisch. „Da ist das Selbstverständnis einfach da“, sagt Pfeifer. Das wünscht er sich auch für die Lokale in der Region. Zumindest da, wo es möglich ist. Beim Thema Auto wird es schwer, aber Sprudel gebe es auch in der Eifel reichlich.

Absoluter Verkaufsschlager ist das Eifel-Ei. Sicherlich auch getrieben von der Unsicherheit nach dem Fipronil-Skandal, greifen immer mehr Verbraucher auf Eier aus der Region zurück. Damals sei die Regionalmarke mit zwei Betrieben gestartet, inzwischen produzieren bereits 15 Betriebe mit etwa 350 000 Legehennen fleißig ein Ei nach dem anderen. Auch die Trierer Studenten können sich mittlerweile sicher sein, die Eifel zur Mittagszeit zu fördern. Das Schweinefleisch aus den Mensen der Uni und Hochschule stamme von einem der insgesamt 20 000 Eifel-Schweine. Das zu realisieren sei gar nicht so einfach gewesen, erinnert sich Pfeifer. „Die Mensa braucht ja nur bestimmte Teile des Schweins.“ Übrig bleiben Edelteile für die Gastronomie oder beispielsweise Wurst. „Die Bereiche müssen parallel natürlich mitwachsen.“

Der Produzent – Fleischerei Fritzen

Fleischermeister Heino Fritzen aus Maring-Noviand setzt auf Wild aus der Region. Er ist nicht nur Wildbretbeauftragter im Kreis Bernkastel-Wittlich sondern hat sich auch als einer der ersten Fleischereien vor zwei Jahren unter der Dachmarke Mosel für das Label „Wild aus der Region“ zertifizieren lassen. Für Fritzen eine Selbstverständlichkeit. Wildtiere, die in heimischen Wäldern geboren werden, aufwachsen, sich von dem ernähren, was die Natur hergibt: „Mehr Bio und Regionalität geht doch gar nicht“, sagt Fritzen. Das koste den Kunden zwar etwas mehr als Wild aus dem Discounter, weiß Fritzen. Ein direkter Vergleich verbiete sich aber ohnehin. Fleisch aus dem Discounter komme häufig von großen Tierfarmen aus Übersee. Rehwild gehöre beispielsweise zu den sogenannten Selektionsäsern. Das bedeutet: Die Tiere fressen lange nicht alles sondern suchen sich ihre Nahrung selbst gezielt aus. In den Farmen wird das Wild in Gattern gehalten und bekommt als Futter, was der Mensch ihm zur Verfügung stellt. „Das hat mit Wild nicht mehr viel zu tun“, sagt Fritzen und sei am Ende auch unnötig. „Wir haben an der Mosel so hohe Wildbestände, dass wir das auch selbst hinbekommen.“

Ein weiteres Problem sieht Fritzen im Bereich der Bioprodukte. „Da gibt es auch viel Augenwischerei“, sagt er. In der Masse könne Bio gar nicht funktionieren. Zumindest nicht so, wie es sein müsste. Als Beispiel nennt er Hühnerfarmen. Es sei ein Trugschluss, dass es Hühnern die Bio-Eier legen automatisch besser gehe. Um sicher zu sein, müsse man sich gezielt über die Bedingungen vor Ort informieren. Bei regionalem Wild stelle sich die Frage am Ende des Tages gar nicht: „Wild lebt in Freiheit, besser kann es nicht sein.“

Fritzens Zertifizierung läuft 2018 ab. Ob er sich erneut beteiligen wolle? Der Frage entgegnet er mit einem klaren Ja. Nicht nur, weil er die Vermarktung von Wild aus der Region für eine gute Sache hält, sondern auch weil ihm das Netzwerk der Dachmarke viel bringe. Als Beispiel nennt er den Moselkongress. „Da findet man viele Kontakte.“ Märkte, Kundschaft – „Das bringt schon was.“ Der Verbraucher müsse hingegen umdenken. Qualität statt Quantität: „Warum nicht wieder etwas mehr zurück in Richtung Sonntagsbraten?“, fragt er. Generell könnte Wild auch etwas mehr auf dem Speiseplan der Verbraucher stehen. Viele Moselwild-Fleischer bieten auch ein großes Sortiment an Wildwurstsorten an, die laut Fritzen eine gesunde und bekömmlichere Alternative zu herkömmlich hergestellten Wurstwaren bieten.

Der Händler – Rewe Knichel

Roman Knichel führt einen Rewe-Markt in Morbach. Bereits vor dem Aufblühen der Regionalinitiativen habe der Einzelhändler regionalen Produkten offen gegenüber gestanden und vieles im Sortiment geführt. Seine Kunden honorierten das. Daher sei er auch bei der Gründung der Regionalinitiative „Ebbes von Hei!“ im Jahr 2011 gleich von Beginn an mit im Boot gewesen. Seitdem wächst seine Produktpalette stetig. Inzwischen beliefern ihn mehr als 50 Erzeuger aus dem Umkreis. Eierlikör, Essig, Öl, Schinken, Honig: Wer will, kann sich heute ohne großen Aufwand zu großen Teilen aus der eigenen Region ernähren. Und viele tun das auch. „Unsere Kunden lieben das“, sagt Knichel.

Der Kunde wisse einfach, wo das Produkt herkommt, weiß Knichel. Das sei besonders durch diverse Skandale in der Lebensmittelbranche immer wichtiger geworden. Der Kunde verlange hochwertige Lebensmittel, und regionale Produkte schätze er mittlerweile als hochwertiger gegenüber Bio-Produkten ein – und die wiederum als hochwertiger gegenüber konventionellen Produkten. „Auf Produkten aus der Region muss dann nicht einmal extra Bio draufstehen“, sagt Knichel. Die meisten verbinden das schon automatisch miteinander.

Um die Qualität sicherzustellen, müssen die Erzeuger ein Pflichtenheft beachten. Dazu kommen gesetzliche Bestimmungen. Hygienevorschriften, EAN-Codes. „Es kann nicht jeder einfach eine Marmelade in der Küche kochen und die dann ins Regal stellen“, sagt Knichel. Wenn man die Hürden allerdings geschafft hat, sei man dabei. Seine Produktpalette erweitert Knichel beispielsweise über den Besuch von Märkten in der Region. „Wenn uns ein Produkt gefällt, fragen wir nach, ob sie uns beliefern wollen.“ Anders herum fragen Erzeuger auch direkt bei Knichel an. „Wir schauen dann gemeinsam, was Sinn macht.“

Insgesamt müsse das Bewusstsein für regionale Produkte aber noch weiter steigen, sagt Knichel. „Die Dachmarke muss gelebt werden und sich weiterentwickeln.“ Man habe mit der Zertifizierung von Lebensmitteln angefangen. Jetzt sei die Gastronomie am Zug. Dort gehöre es schon dazu, dass Sprudel aus der Region auf dem Tisch stehe. Aber Knichel weiß: „Das ist sicher ein längerer Prozess und funktioniert nicht von heute auf morgen.“

Der Gastronom – Gasthaus Herrig

Gastronom Thomas Herrig betreibt das Gasthaus Herrig in Meckel. Über die Regionalmarke Eifel ist er als sogenannter Eifel-Gastgeber zertifiziert. Mit dem klaren Bekenntnis zur Regionalität hat er aus der Not eine Tugend gemacht. Früher sei sein Gasthaus der Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens gewesen. Jeden Tag saßen 15 Leute an der Theke. „Die Meckeler Jungs wollten wissen, was die Mädels machen.“ Wieder andere verabredeten sich zum Kegeln oder tratschten einfach über das Tagesgeschehen. „Wer wissen wollte, was in Meckel passiert, der ging ins Gasthaus Herrig.“ Mit dem Aufkeimen sozialer Medien war das vorbei. „Die Menschen brauchten uns nicht mehr“, erinnert sich Herrig. Ein Umbruch musste her.

Ab dann war Herrig auf der Suche nach einem neuen Alleinstellungsmerkmal. Er musste sich in der Region behaupten, „zumal Meckel nicht gerade der Mittelpunkt der Welt ist.“ Auf XXL-Schnitzel und extremen Preiskampf hatte er allerdings keine Lust. Ungefähr zur gleichen Zeit hat Herrig dann eine Einladung zu einer Infoveranstaltung vor der Gründung der Regionalmarke Eifel erhalten. Er zögerte zunächst, überwand sich dann doch und kam schließlich „völlig begeistert“ vom Termin zurück. Die Eifelgemeinschaft stellt zusammen etwas auf die Beine: „Der Zusammenhalt hat mich einfach fasziniert.“

Inzwischen ist Herrig komplett auf die Eifel gepolt. 60 Prozent des täglichen Wareneinsatzes (darunter auch Non-Food) bezieht er aus der Region. Das macht sich dann auch auf der Speisekarte bemerkbar. Seefisch sucht man dort nämlich vergebens. Stattdessen landet Fisch aus Himmerod auf den Tellern. „Wir ziehen das bis zur letzten Konsequenz durch“, sagt Herrig. Regionaler geht es nicht. Das Konzept stößt hier und da aber auch mal an Grenzen. Bei Whisky zum Beispiel. Trotzdem müsse das Regionale immer im Konzept erkennbar sein.

Alleine mit dem Logo Eifel ist es aber nicht getan, weiß Herrig. „Die Originalität und Qualität muss stimmen.“ Man müsse heute als Gastronom wesentlich kreativer sein. „Das kostet natürlich Zeit und Energie.“ Aber der Qualitätsanspruch der Gäste sei heute ein anderer. „Wir müssen heute mit den Besten mithalten - die Gäste erwarten das“, sagt Herrig. Um die hohe Qualität belegen zu können, helfe ein Qualitätslabel wie Eifel natürlich sehr. Die Kreativität zeigt sich auch in diversen Veranstaltungen, die Herrig auf den Weg gebracht hat. Die Kirmes in Meckel sei fast tot gewesen, berichtet er. „Mittlerweile kommen die Leute wieder.“ Der Kirmesmontag gilt traditionell als Tag für Einheimische. Einer aus den Reihen der Meckeler stiftet für diesen Tag immer einen Schinken. Im Lokal hängt eine Liste, in der sich die Spender für die kommenden Jahre eintragen können. „Bis 2024 ist der Nachschub gesichert.“ Außerdem gibt es dann noch einen Burger, Rindfleisch und Schnaps – kostenlos. „Da ist das Gasthaus voll.“ Um Gewinn geht es Herrig dabei in erster Linie nicht. Entscheidend sei, was die Menschen über ihn denken. Wenn man einen Meckeler nach dem Gasthaus Herrig fragt, müsse die Antwort lauten: „Ja, da musst du unbedingt mal hin.“ Nur dann, ist sich Herrig sicher, kann man sich als Gasthaus auf dem Land auch heute noch behaupten.

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