Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Suche Hauptnavigation A-Z Übersicht Hauptinhalt Servicelinks


IHK Trier


Seitenkopf

Seitenhauptinhalt

01.02.2017

Mit wachem Blick und geballter Erfahrung


Dieser Text ist vom 01.02.2017 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Wenn zwei sich streiten, kommen sie ins Spiel: die IHK-Sachverständigen

Ein Riss in der Mauer der neu gebauten Industriehalle, ein plötzlich auftretender Wasserschaden im Mietshaus, ein angefahrenes Auto – täglich kommt es zu Streitfällen, in denen Expertenrat gefragt ist. Hier helfen die IHK-Sachverständigen weiter: unparteiisch, objektiv und mit geprüftem Fachwissen.

Astrid Faber-Greif steht an der Hauswand des mehrgeschossigen Mietshauses. Mit geübtem Auge prüft sie Quadratmeter für Quadratmeter, fotografiert vorhandene Schäden und dokumentiert fachkundig, was ihr ins Auge fällt. Die gelernte Tischlerin und studierte Bauingenieurin (FH) ist eine von fünf Sachverständigen in der Region Trier, die sich auf das Sachgebiet „Schäden an Gebäuden“ spezialisiert haben. „Das Gebiet umfasst alle baulichen Gewerke, die bei der Erstellung von Häusern, Hochbauten oder im Hallenbau zum Einsatz kommen“, erläutert Faber-Greif ihren Einsatzbereich. Und das ist eine ganze Palette: Mauer- und Betonarbeiten, Abdichtungs- und Drainagearbeiten, Zimmer-, Dachdecker- und Klempnerarbeiten, Fensterbau und Türen, Innenputz, Estrich, Fliesen, Anstrich und Trockenbau bis hin zu Garten- und Landschaftsbau – nur haustechnische Installationen sind ausgenommen.
 
Die Konzerin weiß genau, worauf sie achten muss: 18 Jahre hat sie im Trierer Sachverständigenbüro Wolfgang Schaab gearbeitet, zunächst als Angestellte, später selbstständig, hat zahlreiche Seminare besucht und gelernt, worauf es ankommt. Im Dezember 2005 legt sie die Prüfung zur Sachverständigen vor der Industrie- und Handelskammer Cottbus ab und wird im Januar 2006 von der IHK Trier öffentlich bestellt und vereidigt. Seit 2016 führt sie ihr Sachverständigenbüro in Konz. „Um up to date zu bleiben, empfehle ich zum Beispiel die Teilnahme an den Aachener Bausachverständigentagen, die jedes Jahr stattfinden“, sagt Faber-Greif. „Dort lernt man, welche Bauweisen theoretisch richtig sind und sich in der Praxis bewährt haben. Diese Kombination bildet die sogenannten ‚Allgemein anerkannten Regeln der Technik‘, die beim Bauen zu beachten sind.“ Es reiche nicht aus, zehn Bücher zum Thema zu lesen, um Sachverständiger zu werden. „Es besteht für den öffentlich bestellten Sachverständigen eine Pflicht zur regelmäßigen Fortbildung.“

Gutachten muss für jeden verständlich sein
Zu ihren Auftraggebern zählen sowohl Privatpersonen, Firmen, Behörden und Vermietungsgesellschaften als auch Versicherungen – hauptsächlich wird sie jedoch von Gerichten beauftragt. In Streitfällen erlassen diese Beweisbeschlüsse, die beinhalten, welchen Fragen sie als Sachverständige auf den Grund gehen soll. „Genau das muss ich begutachten, nicht weniger, aber auch nicht mehr“, sagt Faber-Greif. Mindestens eine Ortsbesichtigung ist in diesen Fällen unumgänglich: „Das richtige Hingucken ist wichtig! Hierfür sind gegebenenfalls auch Bauteilöffnungen erforderlich.“ Die Zivilprozessordnung gibt vor, dass zur Ortsbesichtigung alle beteiligten Parteien mit Anwälten schriftlich eingeladen werden. Den Termin bestimmt Faber-Greif selbst. Alle Schritte hält sie schriftlich fest, alle Parteien werden gleichermaßen informiert. Bilaterale Telefonate führt sie nicht, sondern bittet um schriftliche Vermerke, die sie wiederum allen Beteiligten zur Verfügung stellt. So sichert sie die Objektivität. Das Gutachten wird schließlich allen Beteiligten übergeben, wobei die Parteien in der Regel eine Frist zur Prüfung eingeräumt bekommen. Bei Anmerkungen erstellt Faber-Greif gegebenenfalls Ergänzungsgutachen und/oder erläutert ihre Einschätzung mündlich vor Gericht. „Die Formulierung des Gutachtens ist ein ganz wichtiger Aspekt, hier trennt sich die Spreu vom Weizen“, betont die Sachverständige. „Ziel ist es, dass alle Parteien das Gutachten verstehen, um den Sachverhalt und die Einschätzung möglichst nachvollziehen zu können, es zur Einsicht führt und der Streit damit beendet wird.“

Auch bei privaten Aufträgen versucht sie, von Beginn an beide Parteien – etwa den Bauherrn und den Handwerker – vor Ort mit einzubinden. „Wenn sich die ‚Gegner‘ nicht spinnefeind sind und eine Lösung von beiden Seiten gewollt ist, findet man sie auf diese Weise auch meistens“, weiß Faber-Greif aus Erfahrung. Schwieriger kann es werden, wenn nur eine Partei am Fall teilnimmt und das Gutachten von der Gegenpartei nicht anerkannt wird. Dann können private Fälle doch noch vor Gericht landen.

61 IHK-Sachverständige in der Region Trier
Bei der Suche nach dem richtigen Sachverständigen hilft Franziska Schanz weiter. Sie arbeitet bei der Industrie- und Handelskammer Trier im Geschäftsfeld „Recht und Beitrag/Firmendaten“ und betreut dort die regional ansässigen IHK-Sachverständigen. „Deutschlandweit gibt es rund 8500 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige“, weiß Schanz, „61 von ihnen sind in der Region Trier tätig – ihre Sachgebiete reichen von Altlasten und Abfalltechnik über Fertigküchen bis zur Sicherheit von nichtmilitärischen Schießständen. Besonders viele Anfragen gibt es beispielsweise im Bereich Kraftfahrzeugschäden und Straßenverkehrsunfälle.“

Oft erreicht Schanz die Frage, wieviel der Einsatz eines Sachverständigen kostet – und wer diese Kosten tragen muss. „Das ist von Fall zu Fall verschieden“, sagt sie. Bei privaten Aufträgen müsse grundsätzlich der Auftraggeber zahlen, das Honorar werde jedoch frei zwischen ihm und dem Sachverständigen vereinbart. „Stundensätze zwischen 50 und 150 Euro sind durchaus üblich“, erklärt Schanz. Anders sehe es bei Schiedsgutachten aus: In der Regel teilen sich die streitenden Parteien das Honorar. Bei Gutachten, die ein Gericht in Auftrag gibt, regelt sich die Vergütung des Sachverständigen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. „Je nach Sachgebiet sind Stundensätze zwischen 65 und 125 Euro sowie der Ersatz für die sonstigen Aufwendungen des Sachverständigen festgelegt“, sagt Schanz. In Zivilprozessen werde die Vergütung in der Regel der beweispflichtigen Partei auferlegt.

Wie im Fall von Astrid Faber-Greif absolvieren angehende Sachverständige ihre Prüfung nicht unbedingt vor ihrer jeweiligen regionalen Industrie- und Handelskammer. Stattdessen hat jede IHK ein oder mehrere Fachgebiete, in denen sie Teilnehmer aus ganz Deutschland prüft – in der IHK Trier ist dies beispielsweise das Gebiet der Insolvenzuntersuchungen. Die Vereidigung und öffentliche Bestellung nimmt nach erfolgreicher Prüfung dann jedoch die Industrie- und Handelskammer vor, bei der der Sachverständige Mitglied ist. Dort erhalten die Sachverständigen auch ihre Bestellungsurkunde, einen Sachverständigenausweis und einen Rundstempel, mit denen sie sich ausweisen können. „Im Rahmen ihrer Tätigkeit müssen Sachverständige auf ihre öffentliche Bestellung hinweisen“, erläutert Franziska Schanz, „beispielsweise im Briefkopf“.

Sachverständiger mit Faible für die Schifffahrt

Dem kommt auch Roland Geimer nach, erneut frisch vereidigter IHK-Sachverständiger. Sein Sachgebiet ist die Schiffseichaufnahme. „Die Schifffahrt hat mich schon immer fasziniert“, sagt Geimer, der in Temmels geboren und quasi mit dem Blick auf die Mosel groß geworden ist. Fast zehn Jahre hat der gelernte Maschinenbauer und Industriekaufmann als Hafenmeister in Trier gearbeitet, bevor er ins benachbarte Luxemburg wechselte. Dem Wasser ist er dennoch treu geblieben: nebenberuflich als einer von zwei Schiffseichaufnehmern in der Region.
 
Vor der IHK Köln hat er 2003 die entsprechende Prüfung abgelegt und ist anschließend von der IHK Trier öffentlich bestellt und vereidigt worden – zunächst für fünf Jahre, nach entsprechenden Nachweisen für weitere fünf Jahre. 2013 erlosch seine Bestellung, doch Geimer reizte es schon kurze Zeit später, wieder als Sachverständiger tätig zu sein. Gesagt, getan: „Eine erneute umfassende Prüfung wie beim ersten Mal musste ich nicht ablegen“, berichtet er. „Stattdessen konnte ich anhand von Fällen, die ich in der Praxis durchgeführt habe, meine Kenntnisse nachweisen. Ergänzt unter anderem durch ein Führungszeugnis und eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.“ Durch seine Erfahrung überzeugt er: Im Dezember 2016 wird er erneut vereidigt – für fünf Jahre.

„Sachverständige, die ihre Prüfungen bis zum Jahr 2002 absolviert haben, erhielten noch eine unbefristete Vereidigung“, erläutert Franziska Schanz. 2002 wurde die Sachverständigenordnung angepasst: „Seitdem erlöscht jede Bestellung nach fünf Jahren – durch praktische Beispiele aus ihrer Arbeit können die Sachverständigen jedoch ihre Kenntnisse nachweisen und so erneut für fünf Jahre bestellt werden.“ So wie Roland Geimer dies getan hat.

„Die Anzahl meiner Aufträge ist überschaubar“, erzählt Geimer, „denn viele Unternehmen nehmen die Messungen selbst vor“. Steht ein Auftrag an, ermittelt er im Hafen das sogenannte Ladelöschgewicht von Schiffen. Beauftragt wird er von Unternehmen, die ihre Ware per Schiff geliefert bekommen und sicher gehen wollen, dass die angegebene Lademasse stimmt. In vielen Fällen gehören sie der Stahlbranche an. „Die Unternehmen bezahlen den Lieferanten meist pro Tonne Gewicht. Da macht es einen Unterschied, ob das Schiff 995, 1000 oder 1005 Tonnen geladen hat“, sagt Geimer. Also misst er nach. Und zwar so: „An Backbord und Steuerbord ist jedes Schiff in der Regel mit drei weißen Eichbalken versehen, die jeweils vier Zentimeter hoch sind. Mit einem Zollstock messe ich den Abstand des Wassers bis zur Unterkante aller Balken“, erklärt der Sachverständige. Der Durchschnittswert aller sechs Messungen wird dann mit den Eintragungen im Eichbuch abgeglichen, das jedes Frachtschiff mit sich führt. Dort ist vermerkt, welche Tonnage der Eintauchtiefe entspricht. „So sehe ich schnell, wie viele Tonnen das Schiff geladen hat.“ Der Kapitän des Schiffes ist dabei mit vor Ort und zeigt die Ladepapiere vor. „Im Großteil der Fälle stimmen die Zahlen mit meinen überein, sodass meine Aufträge in der Regel problemlos ablaufen“, zieht Geimer sein Fazit.

Erfahrungsaustausch ist unerlässlich
Als „problemlos“ beschreibt Dr. Michael Zimmermann, Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, seine Aufträge durchaus nicht immer. Schon früh hat der Wahl-Trierer mit der Markt- oder Verkehrswertermittlung von Grundstücken begonnen. „Nach meinem Architekturstudium habe ich freiberuflich in einem Architekturbüro gearbeitet und berufsbegleitend Kunstgeschichte sowie Stadt- und Regionalsoziologie studiert“, erzählt er. Das war Anfang der 90er-Jahre. „Damals erhielt ich die ersten Anfragen zur Wertermittlung von Grundstücken und begann, mich mit dem Metier zu befassen.“ Über seinen Chef erhält er Kontakt zum Gutachterausschuss der Stadt Trier, dessen damaliger Vorsitzender zu seinem Mentor wird. „Wenn ich irgendetwas wissen musste, bin ich zu ihm gegangen. Er hat mir sehr weitergeholfen.“ Seit 1996 ist Zimmermann selbst Mitglied im Gutachterausschuss und profitiert vom Erfahrungsaustausch. So wagt er 1999 auch den entscheidenden Schritt und stellt bei der IHK Trier den Antrag auf Zulassung zur Sachverständigenprüfung, die er schließlich erfolgreich vor der IHK Köln absolviert. Frisch vereidigt und öffentlich bestellt nehmen die Aufträge als Sachverständiger deutlich zu, sodass Zimmermann die Arbeit im Architekturbüro aufgibt und nun überwiegend als Sachverständiger tätig ist.

„Meine Arbeit ist extrem vielfältig – das macht sie so spannend“, sagt Zimmermann. „Man hat Kontakt zu unterschiedlichsten Menschen, Gebäuden und Situationen.“ Zu seinen Auftraggebern zählen Privatleute, die Häuser kaufen oder verkaufen, die Grundstücke erben oder auch gemeinsam gebaute Eigenheime wegen einer Scheidung schätzen lassen müssen. Unternehmen, die die Werte für ihre Bilanzen oder das Finanzamt benötigen, Verwalter von Erbengemeinschaften und Gerichte, die sich beispielsweise mit Zwangsversteigerungen beschäftigen. „Eine Auftragszahl im dreistelligen Bereich kommt so im Jahr zusammen“, sagt Zimmerman, „einen guten Teil davon erhalte ich von Gerichten“.

Und er bekommt dabei einiges zu sehen: „Der Begriff ‚bebaut‘ umfasst vieles“, schmunzelt Zimmermann: „Eigenheime, Bürogebäude, Kaufhäuser – aber auch Weingüter, Baudenkmäler wie Burgen und Schlösser, Campingplätze oder Windkraftanlagen. Es wird nicht langweilig. Daneben ‚unbebaute‘ Grundstücke als Grün- und Ackerland sowie Bauland in allen Entwicklungsstufen.“

Wichtig: Erfahrung und Marktkenntnis

Klingelt bei Zimmermann das Telefon, geht es dem potenziellen Auftraggeber zumeist erst einmal um die Klärung von Vorgehensweise, Dauer und Kosten einer Wertermittlung. Hat man sich geeinigt, steht für den Sachverständigen die Ortsbesichtigung an, „möglichst mit allen beteiligten Parteien“, wie Zimmermann betont. Er ermittelt den Bautenstand, umfassend auch Gebäudechronologie, Renovierungen, Schäden und Mängel, zum angefragten Stichtag. Liegt dieser in weiter Vergangenheit, wird es herausfordernd: „Dann setzt man sich am besten mit allen Parteien an einen Tisch und ermittelt den damaligen Zustand: Welche Heizung war damals verbaut, welche Renovierung schon vorgenommen?“ Unterlagen, Baupläne, Grundbuchauszüge – das kann schon einmal zum Papierkrieg werden. „In solchen Fällen geben mir die Auftraggeber optimalerweise eine Vollmacht, damit ich über Behörden alle erforderlichen Dinge erhalte“, sagt Zimmermann.

Hat er alles zusammen, beginnt die Arbeit am Schreibtisch: rechnen, denken, bewerten. Ob Substanzwert für nicht renditeorientierte Projekte wie Eigenheime oder Ertragswert für renditeorientierte Objekte: In allen Fällen hat Zimmermann jede Menge Gesetze und Verordnungen zu berücksichtigen. „Für die Erstellung des Gutachtens sind Erfahrung und Marktkenntnis zwingend erforderlich“, betont Zimmermann. „Nicht zu Unrecht muss man für die Prüfung zum Sachverständigen eine umfangreiche Praxis und überdurchschnittliche Fachkenntnis nachweisen.“ Mit Fachwissen und geballter Erfahrung hilft er so seinen Auftraggebern weiter – damit bei keiner Partei Fragen offen bleiben.

Seitenfuß